Dienstag, 21. Januar 2014

Pferde-Text: ..und sie sprechen doch!

Pferde-Text: ..und sie sprechen doch!

..und sie sprechen doch!

Vor ein paar Tagen ging ich mit Quasar an der Hand spazieren. Wir kamen an einer Böschung zu einem Feld vorbei, an der sattes, dunkelgrünes Gras wuchs. Ungewöhnlich für diese Jahreszeit. "Oh, was für leckeres Gras!" schoss es mir in den Kopf. Ich hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da zog es den Kopf von Quasar nach rechts hin zum Gras. Wie komme ich als Mensch darauf, über "leckeres Gras" nachzudenken? Habe ich einen Gedanken von Quasar aufgeschnappt? Wem das zu abgehoben ist, der betrachte die Geschichte von gestern Abend: Ich hatte alle Pferde von der Weide in den Stall geholt, und das Geräusch von zufrieden Heu mahlenden Mäulern erfüllte die Stallgasse. Nur einer, der stand in seiner Box und schaute irgendwie unzufrieden aus, als ich mit der Stallkollegin quatschend vor seiner Box stand: Quasar. Er biss in sein Quietsche-Entchen, das in der Box an einer Kordel baumelt, um lautstartk auf sich aufmerksam zu machen. Das angebotene Möhrchen nahm er, und stampfte dann mit widerwilligem Geichtsausdruck feste mit dem rechten Hinterhuf ins Leinstroh. (Ja, ich erkenne bei meinem Pferd eine eindeutige Mimik. Auch wenn er seine Stirn nicht so in Zornesfalten legen kann wir wie Menschen). "Quasar, was passt Dir denn nicht? Wenn ich Dich bloß verstehen könnte...." STAMPF, STAMPF... Ich ging in seine Box und kratzte ihn an seiner Lieblingsstelle zwischen den Hinterbacken. Quasar legte ärgerlich die Ohren an und wich einen Schritt nach vorn. Das war es also nicht. Während ich noch in Gedanken die Möglichkeiten durchging, welcher Pups ihm wohl quer sitzen könnte, hob Quasar den rechten Hinterhuf in Richtung Kopf, drehte den Kopf nach hinten und machte mit seinem Maul nagende Bewegungen. So, wie es Pferde tun, wenn sie sich verrenken, um sich an der Fessel zu kratzen. Jetzt war es eindeutig. Ich fuhr mit meiner Hand sein Bein hinab bis zur Fesselgrube, und plötzlich setzte Quasar sein Schmusegesicht auf. Die Oberlippe wurde immer länger, als ich mich mit den Fingerkuppen durch den nassen, matschigen Fesselbehang wühlte, um ihn zu kratzen. Auf der Haut fühlte ich eine etwa fingernagelgroße Kruste: Mauke. Aha! Das ist es! Quasar hat Mauke, die ihn juckt! Ich streifte ihm sein Halfter über, band ihn draußen an und reinigte sein rechtes Hinterbein mit dem Wasserschlauch. Dann desinfizierte ich die krustige Stelle mit Wasserstoffperoxid, tupfte sie mit Küchenkrepp ab und gab einen Tupfer Sokatyl-Salbe auf die Stelle. Dann schob ich meinen Friesen zurück in seine Box, wo er sfort begann, so ruhig und zufrieden wie alle anderen Pferde sein Heu zu mümmeln. Soll nochmal einer sagen, Pferde könnten sich nicht mitteilen...

Freitag, 17. Januar 2014

Warum Gewöhnung und De-Sensibilisierung nicht reichen

Warum Gewöhnung und De-Sensibilisierung nicht reichen Vorgestern im schönen Bergischen Land: Unsere Stallbesitzerin hatte einen Heulageballen in die Rundraufe auf dem Paddock gebracht. Die hellgrüne Siloplane lag noch mitten auf dem Hof und flatterte an ihren Rändern lustig im Wind. Ich hatte gerade gesattelt und wollte den Hof verlassen. Am kleinen Mäuerchen neben der Miste saß ich auf, sortierte mich kurz, und lenkte meinen Quasar auf die Siloplane zu. Völlig ungerührt stapfte Herr Pferd über das raschelnde Plastik und trug mich zum Hoftor hinaus. Nach einigen Minuten erreichten wir den Waldweg. Doch was war das??? Da lag doch tatsächlich eine hellgrüne Siloplane mitten auf dem Weg und flatterte an ihren Rändern lustig im Wind. "Kein Problem, das hatten wir gerade", dachte ich noch, als die knapp 800 Kilo Friese unter mir erstarrten. "Häpüüüüüh!" schnaubte mein Pferd und wollte gerade den Funken zünden zur 180-Grad-Wendung und flach-und-wech. "Die langen Zügel kürzer fassen, Beine lang und dran, Hintern dran, ausatmen und beherzt lachen" funktionierte bei mir zum Glück fast zeitgleich. "Quasar, das ist albern. Geh mal gucken!" forderte ich ihn fröhlich auf, rahmte das Hasenherz mit meinen Hilfen ein, und ließ sofort den Druck nach, als er sich in Richtung Plane in Bewegung setzte. Mein voraus laufender Hund tat den Rest: Ungerührt pinkelte er auf die Plane. Und siehe da: Sie sprang ihn nicht an. Schnorchelnd näherte mein Pferd sich dem gefääährlichen Plastik und schnupperte daran. Überschwänglich lobte ich ihn. Was war passiert? Ich hatte mein Pferd an Planen aller Art gewöhnt. Ich konnte ihn entspannt darüber führen, darüber reiten, ihn damit einwickeln. Bei uns auf dem Hof, im Roundpen, auf Nachbars Wiese beim Agility-Kurs. Gewöhnung und De-Sensibilisierung war also ausreichend geschehen. Und dennoch meinte mein Pferd, dass diese Plane nicht auf diesem Weg gehört und war kurz davor, die für ihn als Fluchttier typische Entscheidung zu fällen. Ich kam also mit Gewöhnung und De-Sensibilisierung allein nicht weiter. Ein zweiter Aspekt kam hinzu: Vertrauen in mich als Führungskraft. Ich habe meinem Pferd signalisiert, dass ich für uns entscheiden habe, dass diese Plane harmlos ist. Und zum Glück hat mein Pferd so viel Vertrauen in mich als Führungsperson, dass es meine Hilfen akzeptiert und in die Tat umgesetzt hat. Was der bekannte Horsemanship-Trainer Peter Kreinberg dazu in einem Telefon-Interview sagte, das erzähle ich Euch kommende Woche... Und wie man sich dieses Vertrauen erarbeitet, kommt Stück für Stück hinterher. Am besten, Ihr abonniert diesen Blog :-)